Beim VfL kann man auch im Sitzen fechten

Beim VfL kann man auch im Sitzen fechten

Von Margit Messelhäuser

Improvisieren ist großgeschrieben: Das nötige Gestell, wie es bei Turnieren für Rollstuhlfechter gefordert ist, haben die Kauferinger noch nicht – also behilft man sich mit den Kästen. Lisa Schallenkammer (links) bringt Agnes Mathy erst mal die Grundlagen des Fechtens bei. Auch für die Trainerin ist das ungewohnt – und anstrengend. Aber, und nur das zählt: Es macht Spaß.

Rollstuhl und Fechten – wie soll das gehen? Agnes Mathy aus Kaufering hat sich das auch zunächst gefragt, als ihr ihre Freundin Lisa Schallenkammer vorgeschlagen hat, es doch mal zu versuchen. Die beiden sind schon „seit dem Kindergarten“, so Schallenkammer, befreundet. Sie ist Trainerin bei der Fecht-Abteilung des VfL Kaufering und überredete ihre Freundin, die aufgrund einer angeborenen Fehlbildung des Rückenmarks (Spina bifida) auf den Rollstuhl angewiesen ist, doch mal im Training vorbeizuschauen.

So recht vorstellen konnte sich Agnes Mathy auch nicht, was da auf sie zukommen würde, aber „Sport ist doch gesund, warum also nicht?“. Schnell wurde klar: Mit einer Hand fechten und mit der anderen den Rollstuhl bewegen – diese Vorstellung ist ein Irrtum. „Die Rollstühle sind fixiert“, erklärt Schallenkammer. Die 22-Jährige ist nicht nur Trainerin, sondern auch als Kampfrichterin viel unterwegs und hat da Erfahrungen – auch im Rollstuhlfechten – gesammelt. „Ansonsten sieht man es bei den Paralympics.“

Spezielle Vorrichtungen für Rollstuhlfechten haben die Kauferinger nicht – aber Schallenkammer ist erfinderisch. Sie holt zwei kleine Kästen in die Halle. Agnes Mathy, die kurze Strecken zu Fuß gehen kann, nimmt auf dem einen Platz – Lisa Schallenkammer ihr gegenüber. Dann geht es ans Einkleiden: Schutz, Weste, Handschuh und natürlich Maske. „Eigentlich bräuchten wir eine große Schürze für die Beine“, sagt Lisa Schallenkammer, aber ein spezieller Schutz, normal für den Trainer, tue es auch: „Man muss halt ein bisschen improvisieren“, so die Trainerin mit einem Lachen.

Die Kästen, die nicht auf dem Boden rutschen, werden nun auf den richtigen Abstand gebracht: Der Fechter mit den kürzeren Armen bestimme diesen. Nun geht es an die ersten Lektionen, wie auch bei den „Fußgängern“.

Immer wieder muss Agnes Mathy die Angriffe von Lisa Schallenkammer parieren – und dann selbst angreifen. „Das geht enorm in die Arme“, sagt Schallenkammer. Drei Minuten dauere ein Kampf, wenn nicht viele Treffer fallen, für Rollstuhlfechter extrem lang. „Im normalen Kampf geht man zwei, drei Schritte zurück und kann kurz durchatmen“, erklärt sie, das sei für Rollstuhlfechter schwieriger: „Sie können sich kurz zurücklehnen“, aber eben nicht wirklich ausweichen.

Auch Agnes Mathy war etwas überrascht: „Man bekommt Muskelkater, wo man gar nicht wusste, dass dort Muskeln sind“, erzählt sie und lacht dabei, denn: „Der Muskelkater ist nach zwei Tagen wieder weg, aber der Spaß hält länger an.“ Sie will auf jeden Fall weitermachen, vielleicht auch mal an einem Turnier teilnehmen, aber „so groß sind meine Ambitionen nicht“, räumt die 23-Jährige ein. In Augsburg studiert sie katholische Theologie, und „das hat Vorrang“.

In Kaufering würde man sich freuen, wenn weitere Rolli-Fahrer Lust auf Fechten hätten. „Das Sport-Angebot im Landkreis für Rollstuhlfahrer ist ja nicht sehr groß“, sagt Schallenkammer. Der Grad der Behinderung spiele erst mal keine Rolle: „Man muss es einfach ausprobieren, ob es geht“, macht sie allen Mut – und im Improvisieren bei Hilfsmitteln ist sie praktisch unschlagbar. „Es wäre schön, wenn noch jemand mitmachen würde.“

Training Rollstuhlfahrer, die Fechten ausprobieren wollen, können sich per E-Mail an Lisa Schallenkammer wenden.